Keinfrühlingsgedicht

Der Himmel blau und Winde wehen
durchs volle grüne Laub.
Sie blasen von den Dingen kräftig
den winterlichen Staub.

Ich sitze vor dem Stubenfenster
und blicke stumm heraus,
umgeben von so vielen Dingen:
Sie sehen staubig aus.

Schwermut II

Es drückt gar schwer in meinem Busen.
Mich zu bewegen, fällt
in schmerzensreicher Art und Weise
so schwer mir, dass es hält:

zurück und ziellos auf der Stelle.
Wenn man es recht bedenkt,
ist alles klar, doch ohne Aussicht:
Ich habe mich verrenkt,
was sogar meinen Geist beschränkt,
in immer gleiche Bahnen lenkt
und mit dem Wahnsinn noch beschenkt –
ich habe mich verrenkt.

Hausbibliothek

ich sammle um mich im Regal
an Büchern Arsenale
im Glauben, dass der Tag noch kommt,
an dem ich sie befrage.

Zukunftsblues

ich blicke von der Arbeit auf
und sehe aus dem Fenster:
die Dinge nehmen ihren Lauf
dort draußen vor dem Fenster,

und drinnen? hier bei mir im Haus?
ich starre aus dem Fenster,
ich male mir die Zukunft aus
und fürchte die Gespenster.

Prinz Ion, Sie sind in einer Patchworkfamilie aufgewachsen. Wie war das für Sie? Welche Lehre haben Sie daraus für Ihr Leben gezogen?

Meine Mutter, wissen Sie,
war in jungen Jahren
die Geliebte eines Herrn,
dessen großen Namen

ich an dieser Stelle wohl
besser werd verschweigen.
Mich, das Kind, das leuchtet ein,
durften sie nicht zeigen.

Guter Pflegschaft wurde ich
daher übergeben,
ihr verdank ich heute vor
allem schlicht mein Leben.

Mit den Jahren fand die Frau,
die ich Mutter nenne,
einen neuen Mann, den ich
heut als Xuthos kenne.

Beide blieben ohne Kind,
bis sie mich aufnahmen.
Wie genau das vor sich ging,
böte Stoff für Dramen.

Letztlich soll hier aber ja
eine Message stehen,
hat der Redakteur gesagt,
daher lasst mich sehen:

Patchwork ist ein alter Hut,
vielfach schon getragen,
wie man ihn am besten flickt,
ist, wonach Sie fragen …

Schillerndes Europa. Oder: Eine Ode an die Skepsis

Freude, schöner Götterfunken,
warst du nicht zugegen,
als Zeus sich die Europa raubte?
Wurdest du verlegen?

Denn sicher folgte seinem Siege
Lächeln bringend deine
Kraft. Mit ihm standst du an der Wiege
dessen, was im Keime

ihr durchs Lügen schon dem Unglück
habt geweiht. Alle
Menschen werden Brüder? Darauf,
werte Freude, falle

ich ganz sicher nicht herein.
Solange du auch dort
noch weilest, wo man sich betrügt,
glaub ich dir nie dein Wort.

Io, Sprache!

Es ist kein Zufall, werter Freund,
wenn Wörter sich im Klange
gleichen. Vielmehr ists die List
der Sprache, um im Sange

unser Leben mit Gewalt
zu steuern. Um ein Beispiel
dir zu liefern, denk an Zeus
und seine Io, wie viel

Leid der Armen widerfuhr.
Am Anfang war die Liebe
Heras und des Zeus.
Dazu traten Triebe.

Die Geschichte ist bekannt?
Vorwärts dann im Laufschritt:
Als Argos brav die Kuh bewacht,
hat Hermes seinen Auftritt.

Und so ergibt sich – eins, zwei, drei -,
bei Trieben und der Liebe
ist ein Weitres selten fern
und dieses sind die Hiebe,

mit denen jetzt in unserm Fall
der Hermes Argos’ Haupte
von seinem Rumpfe listig trennt,
weshalb ich behaupte:

Die Sprache hat das so gewollt,
damit man eifrig spreche,
der Sprache wird Tribut gezollt,
wenn ich Reime breche,

die Sprache lässt mir keine Chance,
wie ich mich auch verrenke:
schweige ich, so bleibt sie doch,
solange ich noch denke.